Hallo,
ich schreibe nun (nach langem "piesacken" von Thomas Weger) endlich zum ersten Mal ins Forum. Und zwar habe ich Fragen zur Bildkartei LV, bei denen Thomas mir auch nicht weiter helfen konnte.
1. Warum gibt es keine Wörter mit [iː] in der Kartei?
2. Warum gibt es nur so wenige Repräsentanten von [eː], [ɛː], [œ], [øː], [ʏ] und [yː] in der Kartei?
3. Warum wird bei den Karten mit kurzem Vokal und darauffolgendem [t͡s] im Kontrollkästchen auf der Rückseite tz geschrieben?
Der Hintergrund dieser Fragen ist folgender:
Ich nutze die LV-Bildkartei (in meiner Klasse und im Rechtschreib-Förder) in der Regel als Einleitung in den LV-Bereich; einfach um das Kind zunächst für das Phänomen zu sensibilisieren, dass Vokale lang und kurz gesprochen werden können und sich dabei (außer beim a) auch im Klang verändern.
Bei extrem fitten Kindern erarbeite ich mit dem Kind, nachdem beide Sortiervorgänge abgeschlossen wurden, die LV-Rechtschreibregeln (Doppelkonsonanten, ck, tz, ä, ß, ie) direkt aus der Bildkartei. Also so nach dem Motto: „Was fällt dir bei der Schreibweise der Wörter mit kurzem Vokal und einem hörbaren Folgekonsonanten auf? Was fällt dir beim ä auf? Was fällt dir bei … auf?“ Das ist aber bei den allermeisten Kindern zu schnell und zu viel auf einmal, sodass ich bei ihnen die eigentlichen LV-Regeln erst danach anhand von Sortierübungen mit dem MWS thematisiere. Die einzige Ausnahme, die man meiner Meinung nach mit allen Kindern bereits sehr gut anhand der Bildkartei besprechen kann, ist die Tatsache, dass es in dem Sinne gar kein kurzes ä gibt, bzw. dieses beim kurzen-e-Stapel zu finden ist.
Bei mir im RS-Förder sitzen häufig Kinder, die durch zu schnellen oder "ungünstigen" Rechtschreibunterricht ein ziemlich konfuses Halbwissen über die Rechtschreibregeln haben oder kaum eine Möglichkeit hatten, in ihrem Tempo ein eigenes Rechtschreibgespür zu entwickeln. Vor allem da (aber auch bei den schwächeren Kindern in meiner Klasse) erlebe ich, dass das übertriebene lang und kurz sprechen der Wörter in der LV-Bildkartei zunächst sehr schwierig ist. Viele sprechen die Wörter zwar entsprechend länger oder kürzer, verändern aber nicht den eigentlichen Klang des Vokals. Sie sagen also z.B. [bʁoːt] und [bʁot] (statt [bʁɔt]), also immer noch mit geschlossenem, nur halt sehr kurzem o; oder sie sagen [ʃɪf] und [ʃɪːf] (statt [ʃiːf]), also mit zwar gedehntem aber immer noch offenem i. Dadurch ist dann die Fehlerquote ihrer Sortierung sehr hoch, weil beides halbwegs richtig klingt.
Für diesen Zweck finde ich es sehr wichtig, dass alle Vokale in lang und kurz ausreichend in der Bildkartei vorhanden sind, sodass überhaupt ein sinnvoller Übungseffekt eintritt. Das ist aber leider nicht so ganz der Fall. [a], [aː], [ɛ] und [ɪ] kommen sehr häufig vor. Das [iː] fehlt dagegen in der Bildkartei komplett. Und beim [eː], [ɛː], [œ], [øː], [ʏ] und [yː] gibt es nur sehr wenige Repräsentanten.
Ich finde die Idee von Christhart Vorländer sehr gut, bei Kindern mit besonderen Schwierigkeiten, die Übung zunächst auf einen Vokal zu beschränken. Das scheitert aber dann beim i, weil sich kein einziges langes i finden lässt, die Kinder also bei keinem einzigen Wort die Erfahrung machen, dass das lange i richtig klingt.
Beim [eː], [ɛː], [œ], [øː], [ʏ] und [yː] kann man zwar alles in der Kartei finden. Es sind aber so wenige Wörter, dass wenn das Kind z.B. das Wort "Löffel" nicht auf Anhieb korrekt lang und kurz spricht, es keine zweite Chance bekommt, da sonst kein [œ] in der Kartei zu finden ist.
Daher die Fragen 1 und 2.
Es gibt ja genügend mögliche Bilder für das [iː]: Brief, Wiege, Knie, Biene, Stiel, Stiefel, Spiegel, Ziege, Ziel, Tier(e), Liege, Ziegel, Wiese, ... . Die meisten davon sind sogar sehr einfach zu zeichnen.
Zu Frage 2 ist mir klar, dass die Umlaute in unserem Gebrauchswortschatz selten vorkommen und dann häufig auch nur aufgrund von WU-Regeln, aber warum sind nicht zu Übungszwecken mehr Wörter mit ä, ö und ü und langem e in der Bildkartei?
Mögliche zeichenbare LV-getreue Wörter wären:
[eː] Kleber, Regen, Nebel, Eber, Elefant, Segel, Hebel
[ɛː] Träne, Schäfer, Bär
[øː] Fön, Döner, Köder, Kröte, Möbel, Römer, Öse, Öl
[œ] zwölf, Mönch, Töpfer, Körper
[yː] Tür, Spüle, Zügel, Blüte, Hügel
[ʏ] Küste, Kürbis, fünf, Knüppel, Küche, Münze, Müll, Hüfte, Büffel
Natürlich würden die Kinder einige dieser Bilder nicht auf Anhieb richtig benennen. Aber das ist ja auch bei schon vorhandenen Karten der Fall (z.B. Kinder, Dackel/Hund/Wolf, Elch/Hirsch, Gans, Mist, Orden, Trecker). Dann gucken sie halt mal kurz hinten drauf oder der Partner verrät es halt.
Wenn man zudem auch noch Wörter benutzen würde, bei denen WU- oder WZ-Regeln drinstecken, die aber die Übung mit der Bildkartei nicht behindern würden, gäbe es zusätzlich noch:
Bügelbrett / Bügeleisen, Bücher, Süßigkeiten, Spülmaschine, Fünfeck, Öfen, Knöpfe, Wölfe, Zöpfe, Töpfe, Frösche, Mädchen, ...
Vor allem das fehlende [iː] stört mich, weil man ansonsten mit dem Kind sehr schön herausarbeiten könnte, dass es sozusagen "kein" kurzes ä gibt, bzw. das kurze ä ganz woanders zu finden ist (nämlich als e). Wenn man nämlich den lang-Stapel und kurz-Stapel am Ende noch schnell nach Vokalen sortiert, würde das Kind sofort bemerken, dass nur ein einziger Stapel fehlt, nämlich das kurze ä. Diese Aufgabe geht ganz schnell und hätte einen sehr schönen Aha-Effekt, würde nicht ebenfalls der lange-i-Stapel fehlen.
Zu meiner dritten Frage:
Das deutsche z an sich besteht ja aus den Lauten [t] und [s]. Der [t]-Laut steckt also im deutschen Buchstaben z schon drin. Wenn man also ein Kind, das noch nicht in LV war, fragt, "Was hörst du bei "Mütze" nach dem ü?", antwortet es „Ein z." und denkt dabei an den einzelnen Buchstaben z. Es hat ja in LB schon gelernt, dass das [t͡s] als z geschrieben wird.
Warum wird dann in der LV-Bildkartei plötzlich diese bereits in LB gelernte Regel zunichte gemacht? Ich halte es für schlichtweg falsch, in das Kontrollkästchen tz hineinzuschreiben. Denn das ist nun wirklich nicht das, was die Kinder hören. Sie hören ein [t͡s] und nicht ein [tt͡s]. Richtig wäre also entweder z oder ts, aber nicht die Mischung tz. Das t beim tz wird ja geschrieben, weil nach dem kurzen Vokal außer dem z kein anderer Konsonant zu hören ist. Das t steht da also auf Grund einer LV-Rechtschreibregel und nicht, weil es hörbar (LB/LD) ist. Besser gesagt ist das [t] bei jedem z hörbar, weil es eben Teil des Buchstabens z ist. Bei dem Kontrollkästchen der Folgekonsonanten steht ja (meines Wissens) bei den Wörtern „Kerze“ und „Pilz“ auch nicht „rtz“ oder „ltz“, sondern „rz“ und „lz“, obwohl das [t] dort genauso gut zu hören ist.
Das mit dem „tz“ im Kontrollkästchen finde ich daher problematisch. Denn entweder habe ich ein Kind, dem noch gar nicht so bewusst war, das im deutschen z ein [t]-Laut drinsteckt. Aber das muss ich dann mit dem Kind auch gar nicht so genau besprechen, solange es das z zuverlässig hört. Es muss ja dann nur dazu lernen: Wenn ich nach einem kurzen Vokal nur ein z höre, schreibe ich tz, weil „Doppelkonsonanten, ck und tz“ die neue LV-Regel ist. Dass im deutschen z ein [t] steckt, kann ich ja, wenn es zum Kind passt, irgendwann anders komplett losgelöst vom ersten Erlernen der LV-Regeln thematisieren, sozusagen als Spürnasenaufgabe.
Oder ich habe ein Kind, das schon weiß, dass im deutschen z der [t]-Laut integriert ist. Das hört das [t] aber dann bei jedem Wort mit z, egal ob der Vokal lang oder kurz ist. Und dieses Kind weiß auch schon aus LB: Dieses t muss ich nie schreiben, weil es im z drinsteckt. Es muss in LV also auch nur die „kurzer-Vokal-ein-Folgekonsonant-Regel“ dazulernen.
Wenn aber Kind 1 jetzt bei der Arbeit mit der LV-Bildkartei bei der zweiten Sortierrunde ist, merkt es beim Kontrollieren plötzlich: „Huch, nach dem ü in Mütze soll ich angeblich nicht nur ein z, sondern auch ein t hören. … Ach tatsächlich, ich höre ja wirklich ein t, ist mir ja noch nie so aufgefallen.“ Jetzt ist aber die Gefahr groß, dass es beim nächsten Wort mit z völlig durcheinander kommt: „Hä, bei Herz hab ich jetzt beim z extra gut hingehört und ich höre ein t. Das steht aber gar nicht im Kontrollkästchen.“
Bei Kind 2 wäre die gleiche Situation folgendermaßen. „Aha, bei Mütze steht hinten im Kontrollkästchen tz. Es geht also bei dieser Übung anscheinend darum, genau auf die Einzellaute zu hören. Das kann ich, das hab ich schon längst beim z bemerkt.“ Dann kommt aber später: „Hä, bei Herz steht aber jetzt gar nicht rtz. Geht es also doch nicht um die Einzellaute?“
Im besten Fall sind die Kinder einfach über diese Übung etwas verwirrt. Im schlimmsten Fall fangen beide an zu überlegen, ob sie etwas falsch hören oder aussprechen und sie vielleicht bei Wörtern wie „Kerze“ oder „Pilz“ den [t]-Laut lieber weglassen sollten; oder ob sie bei Wörtern wie „Mütze“ oder „Katze“ vielleicht das [t] irgendwie deutlicher sprechen müssen.
Daher meine Frage 3.
Vor allem ist es doch am Ende der zweiten Sortieraufgabe besser, wenn alle Wörter, die nicht lautgetreu geschrieben werden (also die mit Doppelkonsonanten, ck und tz), auf einem Stapel liegen.
Hui, das war ein langer Beitrag.
Viele Grüße,
Eva